Autonome Räume in München für die Hosentasche: DIY und ein „Japan-Heft“. Sub-bavaria, das Wiki-Lexikon für bayerische Subkultur, richtete die Forschungsresidenz #2 der Münchner Kammerspiele aus. Was sie im Rahmen von „What is the City?“ und Habibi Kiosk erlebten, hielten sie schriftlich fest. Den Text könnt ihr im DIY-Geiste der Ausstellung Pop Punk Politik in der Monacensia mitnehmen und vor Ort nacherleben.
DIY und autonome Räume für die Hosentasche: „Japan-Heft“ für Subkultur in München
Die Forschungsresidenz zu Subbavaria #2 von Gabi Blum, Patrick Gruban, Emanuel Mooner und Matthias Stadler im Rahmen von „What is the City?“ der Kammerspiele München im September 2021 gab Anlass zur Reflektion und Erkundung vergangener Orte kulturellen Lebens in München.
Direkt vor der Tür unseres temporären Büros im Habibi Kiosk in der Maximilianstraße starteten wir unsere Exkursionen. Klar, dass wir da auch im ehemaligen TAM TAM Tanzlokal in der Falckenbergstraße 2 Station machten. Die Igitte Schwestern gaben ein spontanes Konzert auf dem sub-bavaria-Bügelbrett vor der ehemaligen Clubtür. Dahinter nun die Marionettenwerkstatt der Kammerspiele. Robert Hoffmann (Goofy) führte uns durchs Viertel seiner Kindheit und Jugend. Vorbei an vielen Fassaden, hinter denen viel passiert ist und subkulturelle Stadtgeschichte geschrieben wurde. Dabei stellte sich an jeder Ecke die Frage:
- Was bleibt?
- Wie lassen sich Aktionen unter dem Radar in autonomen Räumen archivieren und für die Nachwelt zugänglich machen?
Eine Möglichkeit ist dieses „Japan-Heft“, wie Paul Wick es nennt. Er hat meinen Text über Habibi, TAM TAM, sub-bavaria, Igitte, Goofy illustriert und so angelegt, dass ihr es nur noch drucken, falten und einen kleinen Schlitz in die Mitte schneiden müsst. Schon bekommt ihr im praktischen Hosenformat einen Einblick, wie es damals, vor Kurzem und heute so läuft mit den autonomen Räumen.
Den Text des „Japan-Heftes“ findet ihr zum Nachlesen auf: MK: Forschungsresidenz #2
Nachgefragt bei Matthias Stadler
- Warum habt ihr bei „What is the City?“ der Kammerspiele München mitgewirkt?
- Was nimmst du von der Forschungsresidenz zu sub-bavaria für dich mit?
- Was wünscht du dir für die Kultur in München und für Künstler*innen?
Im Unterschied zu anderen Städten liegt in München eher Geld auf der Straße, als dass es beispielsweise freie Möglichkeiten zum Plakatieren gibt. Subkulturelle Aktivitäten sind im Straßenbild nicht so präsent. Stößt man doch mal auf sie, dann kommt eins zum anderen und es nimmt kein Ende. Ein Beispiel ist die Kanadierin Émelie Gendron, die durch mehrmalige Reisen nach München, die Subkultur besser kennengelernt hat als viele in dieser Stadt. Seit ein paar Jahren lebt sie nun auch fest hier.
Ein guter Einstieg für viele war sub-bavaria. Ein Wiki für die Subkultur, in dem man von einem zum Nächsten kommen und immer weiter eintauchen konnte. Leider ist dieses wertvolle Tool in den letzten Jahren eingeschlafen. Zeit, es aus seinem Dornröschenschlaf zu holen, zu aktualisieren und sich mit der Idee dahinter auseinanderzusetzen.
Genau das strebte die Initiative von Gabi Blum bei der Ausschreibung „What is the City?“ an. Zusammen mit Emanuel Mooner (Raum-Aktivist und Künstler), Patrick Gruban (Subbavaria-Gründer) und … mir? Das habe ich mich auch gefragt. Ich bin seit genau zehn Jahren hier in der Stadt. Seitdem schläft sub-bavaria, und das TAM TAM hat noch gar keinen Eintrag.
Aber im Verlauf der Pandemie habe ich fast jeden Freitag einen performativen Spaziergang durch die verschiedenen Viertel in München unternommen. Ich habe mich quasi selbst zum Stadtführer ausgebildet. Also nicht wie in den acht Jahren davor, immer die Leute zu einem Ort einzuladen, den man bespielt, sondern sich von jedem, von jeder das jeweilige Umfeld zeigen zu lassen. Und auf einmal entsteht daraus ein Buch, ein Archiv mit über 300 Orten, die wir besucht, bespielt und begangen haben.
Zeit, dieses Material zu sichten, zu ordnen und zu bearbeiten. Unser sub-bavaria-Salon im Habibi Kiosk war der perfekte Ort, um sich mal hinzusetzen, zu reflektieren und seine Arbeit in der Maximilianstraße sichtbar zu machen. Alle laden ihre Leute ein, führen Interviews, machen Expeditionen, ergründen das Viertel, basteln weiter am positiven Image von München und ernten Verwunderung. Unsere kostenfreie mobile Litfaßsäule steht bestimmt immer noch dort.
sub-bavaria
Sub City Munich. Von urbanen Szenen, Raumpolitiken und subversiven Strategien
- Wo befinden oder befanden sich wichtige oder unwichtige Orte der Münchner Subkultur?
- Welche Geschichten gibt es dazu, und wer sind oder waren die Protagonist*innen?
- Wie können wir diese auf subversive Weise noch einmal aktivieren?
- Wie können wir Orte, Protagonist*innen und Ereignisse archivieren und zugänglich machen?
- Wie beurteilen wir die Raum-Verteilungspolitik in unserer Stadt?
Die Münchner Subkultur ist im ständigen Wandel, neue Akteur*innen, Orte und Projekte entstehen, während andere verschwinden oder beendet werden. Meist bekommen zu wenige Menschen etwas davon mit und oft bleiben nur Erinnerungen, Fotos, Videos und Audioaufnahmen in privaten Sammlungen übrig. Wir wollen diesen verborgenen Schatz sichtbar machen mit sub-bavaria – dem Wiki-Lexikon der bayerischen Subkultur.
Im September 2021 besetzten wir den Habibi Kiosk der Münchner Kammerspiele im Rahmen der Forschungsresidenz „What is the City?“, wo wir Interviews führen, (euer) Material sichteten und digitalisierten sowie Stadtspaziergänge und Ortstermine organisieren. Hilf mit, indem du sub-bavaria mit deinem Material füllst, oder teile uns mit, was in deinem Archiv ist und woran du dich erinnerst. Wir freuen uns auch über analoges Material wie Flyer, Poster, Objekte oder andere Erinnerungsstücke!
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Die Vernetzungsaktion ist Teil von #PopPunkPolitik Vol. 2 – unserem digitalen Programm, das wir auf der Microsite zur Ausstellung in der Übersicht spiegeln. Schaut rein!