Als literarisches Gedächtnis der Stadt München hat es sich die Monacensia im Hildebrandhaus zu ihrer Aufgabe gemacht, den Dialog zwischen literarischer Vergangenheit und Gegenwart der Stadt zu pflegen. Dazu gehören die Ausstellungen, die auf dem Bestand des Literaturarchivs aufbauen, wie etwa über die Rolle der Münchner Schriftstellerinnen während der Frauenbewegung zwischen 1900 und 1933 oder über das Verhältnis von Literatur und Politik während der Revolution und Rätezeit in Bayern 1918/1919. Das Begleitprogramm dieser Ausstellungen widmete sich sowohl historischen Themen als auch aktuellen Fragen, wie zum Beispiel nach der politischen Verantwortung von Literatur heute.
Daneben nimmt das aktuelle literarische München einen zentralen Teil der Programmarbeit der Monacensia ein. In den vergangenen zwei Jahren konnten gemeinsam mit Münchner Autorinnen und Autoren neue Formate entwickelt werden, die wir hier kurz vorstellen.
Die neuen Programmformate der Monacensia
MON liest
Münchner Autorinnen und Autoren
Was liest München? Und was schreiben die Münchner Autorinnen und Autoren gerade? Diesen Fragen widmet sich seit Januar 2018 die Reihe „MON liest“. In Lesung und Gespräch stellen Münchner Autorinnen und Autoren hier ihre aktuellen Romane vor und sprechen über Entstehung und Hintergründe ihrer Bücher. Bisher zu Gast bei „MON liest“ waren Theresia Enzensberger mit ihrem Bauhaus-Roman „Blaupause“ am 9. Januar 2018, Christoph Poschenrieder mit seinem Roman „Kind ohne Namen“ am 6. Februar 2018, Max Scharnigg mit „Der restliche Sommer“ am 13. September 2018, Mercedes Lauenstein mit ihrem Roman-Debüt „Blanca“ am 17. Oktober 2018, Lea Rieck mit ihrem Reisebericht „Sag dem Abenteuer, ich komme“ am 13. März 2019 und Harry Kämmerer mit seinem ersten Roman ohne Kriminalhandlung „Drachenfliegen“ am 9. April 2019.
Die Veranstaltungsreihe knüpfte hierbei direkt an den Bibliotheksbestand der Monacensia an: In der Themenbibliothek „Münchner Autorinnen und Autoren“ stehen die aktuellen Werke der zahlreichen in München ansässigen Schriftstellerinnen und Schriftsteller von Ani über Timm bis Wunnicke.
Und auch als Ort steht die Monacensia ihren Münchner AutorInnen immer zur Verfügung. So findet hier zum Beispiel einmal jährlich, im Wechsel mit dem Literaturhaus München, das Autoren-Treffen des Münchner Kulturreferats statt und auch die Arbeitsplätze der Monacensia-Bibliothek, der Leseraum des Literaturarchivs oder das Café und der Garten sind immer wieder gern genutzte Schreib- und Aufenthaltsorte der Münchner Literatinnen und Literaten.
„eine offene Tür“
Projekte mit internationalen Autorinnen und Autoren
Im Monacensia-Literaturarchiv werden rund 300 literarische Nachlässe von Münchner Schriftstellerinnen und Schriftsteller aufbewahrt. Viele dieser Autorinnen und Autoren mussten München und Deutschland jedoch während der NS-Zeit verlassen und ins Exil fliehen. Als Beispiele zu nennen wären hier unter anderem Oskar Maria Graf, Annette Kolb und die Familie Mann.
In der Dauerausstellung „Literarisches München zur Zeit von Thomas Mann“ zeigen die Exil-Vitrinen die unterschiedlichen Flucht-Wege der Münchner Schriftstellerinnen und Schriftsteller und dokumentieren ihre die neuen Lebens- und Sprachsituationen. Zentrale Fragen sind dabei: Was bedeutet es an einem neuen Ort, vielleicht sogar in einer neuen Sprache, zu schreiben? Welche Rolle spielt das Schreiben in der Fremde? Ist es Luxus oder überlebenswichtig?
Auch aktuell leben viele internationale Autorinnen und Autoren in München und Umgebung, die zu unterschiedlichen Zeiten, aus unterschiedlichen Ländern und aus den unterschiedlichsten Beweggründen nach Deutschland gekommen sind. Sie kommen aus dem Iran, aus Syrien, aus China, Russland, Marokko, Uganda und Serbien. Sie sind schon seit 25 Jahren oder erst seit anderthalb Jahren in Deutschland. Sie sprechen die deutsche Sprache als zweite Muttersprache oder sind gerade dabei sie zu lernen. Und sie gehören alle zum literarischen Gedächtnis der Stadt München.
Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis WIR MACHEN DAS und dem Projekt Meet Your Neighbours, das deutschlandweit Begegnungen zwischen Neuangekommenen und Alteingessenen fördert war die Monacensia 2018 Gastgeber für verschiedene Veranstaltungen. Unter anderem fand im Februar 2018 das internationale Kulturfestival „Acht Mal Ankommen“ statt, bei dem acht KünstlerInnen und AutorInnen Texte, Filme und Musik über ihre Erfahrungen des Ankommens in Deutschland und München präsentierten. Zu Gast waren Lena Gorelik, Denijen Pauljević, Suli Kurban, Ayeda Alavie, Yamen Hussein, Afraa Batous, James Tugume, Rania Mleihi und sowie die Band jisr mit Mohcine Ramdan, Ehab Abou Fakher und Roman Bunka.
Noch im selben Jahr erschien auf Initiative der Münchner AutorInnen Katja Huber, Silke Kleemann und Fridolin Schley in der Edition Monacensia des Allitera Verlag die Anthologie „Wir sind hier. Geschichten über das Ankommen“, die ebenfalls in der Monacensia präsentiert wurden.
Die Programme konnten über die vom Stadtrat 2016 für den Ausbau der interkulturelle Arbeit zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel finanziert werden.
Zu Recht beansprucht die Monacensia für sich, kulturelles Gedächtnis von München zu sein. Dazu gehört nicht nur die Dokumentation und Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern auch, das kulturelle Selbstverständnis einer Stadt permanent zu hinterfragen und somit auch auf konstruktive Weise zu prägen. Die monumentale Tür, die ins ehemalige Atelier des Bildhauers Adolf Hildebrand führt, mag respekteinflössend sein. Sie steht aber, so weit ich das seit meiner ersten Schritte auf diesem Münchner Neuland beurteilen kann, offen. Jeder und Jedem.
Katja Huber
„so ein Gedicht muss halt auch mal laut Bumm machen dürfen“
Aktuelle literarische Stimmen und was sie sich von München wünschen im atelier monaco
Zu zeigen, wie vielseitig und produktiv das aktuelle literarische München ist, ist eines der zentralen Anliegen der Programmarbeit der Monacensia. Seit April 2018 lädt sie daher gemeinsam mit Tristan Marquardt zum „atelier monaco“ ein. In dieser Programmreihe werden die aktuellsten literarische Texte aus München vorgestellt. Das Besondere dabei: die Künstlerinnen und Künstler, die im atelier monaco zu Gast sind, repräsentieren die gesamte Bandbreite literarischen Schreibens: Prosa, Lyrik, Theatertexte, Drehbücher – und auch journalistische Texte, Song-Texte oder Textarbeiten aus der bildenden Kunst.
Zu Gast waren bisher: die Roman-Debütantin Katharina Adler und der Lyriker und Übersetzer Tobias Roth am 12. April 2018, die aus Jordanien stammende Dokumentar-Theatermacherin und Autorin Amahl Khouri und der Theaterautor Jan Geiger am 12. Juli 2018, die Dramaturgin Raphaela Bardutzky und der Musiker, Lyriker und Performance-Künstler Flo Kreier aka. Angela Aux am 27. September 2018, die bildenden KünstlerInnen Lilian Robl und Jan Erbelding am 31. Januar 2019 und der Poetry-Slammer Alex Burkhard und Drehbuchautor Jakob Schreier am 22. Mai 2019.
In Lesung und Gespräch berichteten die Münchner AutorInnen, MusikerInnen und KünstlerInnen darüber, wie und warum es zu ihren Texten und Textarbeiten kommen konnte und/oder musste. Eine zentrale Rolle nahm hierbei auch die Frage nach ihren Arbeits- und Lebensbedingungen ein. Wie entstehen Texte im Spannungsfeld zwischen kreativem Prozess, Produkt und Rezeption? Unter welchen Rahmenbedingungen leben und arbeiten Kreative in München? Welche Rolle spielt die Stadt München hierbei? Und wie könnte eine sinnvolle Kulturförderung aus Sicht der Autorinnen und Autoren aussehen? – darüber wurde im atelier monaco gemeinsam mit AutorInnen, KünstlerInnen und Publikum diskutiert.
Die Abschlussfrage des atelier monacos war hierbei stets die gleiche: Wenn ihr euch etwas von der oder für die Stadt München wünschen dürftet, was wäre das? So haben die Gäste des atelier monacos geantwortet:
Im Jahr 2018 wurden 64 Veranstaltungen mit insgesamt 4766 TeilnehmerInnen durchgeführt sowie 239 Führungen mit insgesamt 3535 TeilnehmerInnen.
Nicht mitgerechnet sind hierbei die BesucherInnen der Ausstellungen, der Bibliothek und des Archivs sowie auch des Café Mons, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Insbesondere im Sommer waren die Tische und Stühle vor dem Glasanbau und im Garten stets voll besetzt. Ob alleine lesend, mit Freunden zum Kaffee oder Abends nach einer Veranstaltung beim Wein – das Café Mon hat sich zu einem festen Teil der Monacensia und auch des Stadtviertel Bogenhausens etabliert.