Die #SchreibResi der Monacensia geht in die dritte Runde: Von Juni bis Oktober 2024 macht Annegret Liepold die Künstler*innen-Villa zu ihrem Schreibort. Immer mittwochs arbeitet sie in der Monacensia und freut sich auf Begegnungen und Gespräche.
Annegret Liepold beschäftigt sich in ihren Romanprojekten mit den Fragen:
- Wie werden Geschichten und Narrative von Familien und Gemeinschaften über Generationen weitergegeben werden?
- Welches Wissen steckt – unentdeckt – in uns?
- Wie nähern wir uns Tabus? Wer darf Geschichte erzählen?
Für ihr Romanprojekt „Franka“ erhielt Annegret Liepold eine Vielzahl von Stipendien und Auszeichnungen, unter anderem den Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis der Stadt München. Der Roman handelt von einer jungen Frau, die zwischen Karpfenweihern in Mittelfranken aufwächst, und dort in die rechtsradikale Szene abrutscht. Hierbei thematisiert Liepold auch die NS-Geschichte der Region und die Enteignung jüdischer Bewohner*innen.
Annegret Liepolds Debüt-Roman erscheint voraussichtlich im Frühjahr 2025. Eine aufregende Phase im Leben einer Schriftstellerin, in der es viel Raum für Austausch und neue Ideen gibt – ein guter Zeitpunkt für die Schreib-Residency in der Monacensia.
Annegret Liepold zur #SchreibResi
Die Monacensia ist ein Hybrid im besten Sinne: Hier treffe ich Gleichgesinnte – sowohl der Gegenwart, als auch der letzten 100 Jahre. Ich freue mich darauf, nach einem Punkt zu suchen, schreibend und im Streifen durch die Räume, um von der Vergangenheit in die Zukunft zu denken.
Annegret Liepold
Was bedeutet dir die #SchreibResi, Annegret?
Ich bin mehr Routine-Mensch, als ich mir lange eingestehen wollte. Deswegen ist die SchreibResi erstmal: Eine neue Routine – eine Einladung, sechs Monate jeden Mittwoch am gleichen Ort, und einem sehr schönen noch dazu, zu verbringen. Das klingt erstmal banal, aber gerade in einer Stadt wie München ist das ein riesiges Geschenk – wenn ich in den letzten Jahren Neues und Anderes ausprobieren wollte, war das immer mit sehr viel Aufwand verbunden und diesmal musste ich nur ‚Ja‘ sagen. Vielleicht macht eine Stadt wie München einen auch zum Routine-Menschen, weil man sich das Ausscheren und Experimentieren nicht einfach so leisten kann.
Was hast du vor? Woran wirst du arbeiten?
In der ersten Hälfte werde ich meinen Roman lektorieren, da wird leider nicht so viel Raum für Neues sein. Deshalb freue ich mich umso mehr auf die Herbstmonate, in denen ich erstmal das tun werde, was dem Namen der Residency vielleicht zuwider läuft: LESEN. Stolpern durch die Texte anderer und vielleicht in ein neues Schreibprojekt hinein.
Vor kurzem etwa bin ich an einem Zitat von Virginia Woolf hängen geblieben: Writing in order to make shadows square up. Die Schatten sind ja da, die eigenen hängen an einem dran, und über die der anderen trampelt man häufig einfach drüber. In den Monaten hier dem ein oder anderen Schatten nachzugehen, ihn plastisch werden zu lassen und einmal wieder genauer hinzusehen, das würde ich mir wünschen. Es ist ja eine sehr schattige Zeit gerade und eine gute Umgebung erleichtert es, sensibel zu sein.
Was erwartest du? Was hoffst du?
Ich hoffe, dass in der Zeit ein paar gute Erinnerungen entstehen: Das Gedächtnis verknüpft sich ja gerne mit Orten. Bei meinem aktuellen Schreibprojekt weiß ich fast bei jeder Passage, wo sie entstanden ist, und in fünf Jahren bin ich in sehr vielen unterschiedlichen Bibliotheken und an sehr vielen unterschiedlichen Schreibtischen gesessen (Routine hin oder her).
Ich hoffe aber auch und vor allem: Auf viel Kaffee und gute Gespräche mit Freund*innen in der Cafebar Mona und darauf, dort das ein oder andere Konzert mitzubekommen. Ich bin nicht so gut im Planen, am liebsten lande ich einfach irgendwo oder bleibe, wie in dem Fall, dann einfach da.
Was verbindet das Programm, das du dir ausgedacht hast, mit deinen Themen/deiner Arbeit?
In den letzten Jahren habe ich mir viele Gedanken, über das ‚WIE‘ des Schreibens gemacht, gar nicht unbedingt auf Formebene, sondern noch einen Schritt davor: Was braucht es, um schreiben zu können – welche Ressourcen, wie viel Austausch, wie viel Abgeschiedenheit, …?
Das Programm
- 28.5.24 um 19 Uhr: „Wir kommen“ – Ein kollektiver Roman und eine interaktive Lesung
- 1.8.24 um 19 Uhr: Show & Tell – Ein Abend mit freiem Erzählen
- 8.10.24 um 19 Uhr: Programm noch offen
Die beiden Veranstaltungen im Sommer bilden deshalb unterschiedliche Formen des Schreibens ab – Schreiben als kollektive Praxis, als Raum des Austausches, des Gesprächs, des Experiments. Ich finde sehr spannend, wie in unterschiedlichen Texten gerade ein ‚Wir‘ gegen ein (autofiktionales) Ich anschreibt. Deswegen startet das Programm mit dem im Kollektiv geschriebenen Roman „Wir kommen“.
Ich finde aber auch spannend, wie ein Austausch überhaupt erst zustande kommt. Deshalb das Experiment am 1. August, bei dem das Gespräch selbst im Vordergrund stehen soll: Zwischen Nicht-Expert*innen und dem Publikum. Falls das nicht funktioniert: Es gibt auch Musik. Die rettet meistens.
Im Herbst wird es dann mehr um das ‚WAS‘ gehen – die oben erwähnten Schatten. Ich schreibe zum Beispiel gerade an einem Text über Trauer, in meiner Familie sowie in einer Landschaft. Wie sich das in ein Programm übersetzt, darf zum Glück noch offenbleiben. Die Residency lässt einem da viel Raum.
*Die #SchreibResi wird bis 2025 durch die C.H. Beck Kulturstiftung ermöglicht.
Mehr über Annegret Liepold
Website von Annegret Liepold | Instagram
Weiterlesen